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Marmor, Stein und Eisen. Temporäre Installation von Iris Andraschek und Hubert Lobnig

Eröffnung: Freitag, 13.06.2025, 20:00, Lendhafen

Im Anschluss: Konzert von Yegor Zabelov

Andraschek und Lobnigs temporäre Installation ist mit dem Schwerpunktjahr des Landes Kärnten „Erinnerungsjahr 2025 Leto spominjanja“ verbunden. In der Auseinandersetzung mit der Thematik formuliert das Künstler:innenduo folgende Fragen, deren Beantwortung und Diskurs den Subtext ihres Kunstwerks bildet: Brauchen wir Erinnerungsstücke? Ist Erinnerung etwas, das man nicht anfassen kann? Wie erinnern wir uns gemeinsam? An welche Orte, Materialien und Formen und durch welche Denkmäler oder Gedenktafeln wird Erinnerung angestoßen? Werden Ereignisse, die es nicht wirklich gegeben hat, vergessen oder sogar als unwichtig abgetan?

Inspiriert von Italo Calvinos Buch Die unsichtbaren Städte werden Besuchende dazu eingeladen, sich in eine andere Stadt, in eine andere Zeit und Welt versetzt zu fühlen. So schreibt Calvino über die fiktive Stadt Zaira: „Mit dieser Welle, die aus den Erinnerungen zurückfließt, saugt die Stadt sich voll wie ein Schwamm und breitet sich aus“. [1] Der Lendhafen fungiert in der Installation als eine Art Raum-Zeit-Maschine. Wer ihn betritt und sich dort aufhält, soll sich an einen anderen Ort transportiert fühlen, wie etwa an die Ufer des Tibers. Durch dieses Erlebnis soll es ermöglicht werden, den Lendhafen räumlich verändert wahrzunehmen, um sich so auf die vorab genannten Fragen fokussieren zu können und auch eigene Fragen und/oder Antworten zu formulieren.

Die vorhandenen Gegebenheiten sind darüber hinaus auch sehr entscheidend für das Kunstwerk, und zwar sowohl für seine Materialität als auch für den Kontext, in den es gestellt wird. Drei wesentliche Elemente machen für das Duo den Zauber des Ortes aus: das Material, die Form und das Wasser. Der Marmor und seine Verwendung zeigen für sie, dass die Baumeister dieses Ortes konkrete Vorbilder hatten, indem sie beispielsweise eine italienische Bauweise referenzieren. Das Wasser, seine Farbe, Reflexionen und Spiegelungen machen den Lendhafen für Andraschek und Lobnig ferner zu einem ästhetisch interessanten Raum.

ERINNERUNG IST IMMATERIELL – SPOMINJANJE JE NEMATERIALNO. Der Schriftzug wird im ersten Teil der Arbeit mit einem speziellen Verfahren auf die Mauer des Lendkanals übertragen und vorsichtig herausgewaschen. Die Vergangenheit und die Gegenwart vertauschen dabei ihre Plätze. Hier wird Geschichte sichtbar gemacht. Sie entsteht, wenn sich Ruß, Schmutz und Patina der Stadt überlagern. Der Pörtschacher Marmor, der sich darunter befindet, bildet dabei den historischen Untergrund. Der Prozess der Immaterialisation macht die unteren Schichten sichtbar. Die Wände des Lendhafens zur Stadt hin sind wie riesige Projektionswände. Der Satz wird mit der Zeit langsam unsichtbar, weil er zunehmend wieder verschmutzt und damit verschwinden wird.

DENK( )MAL. Im zweiten Teil der Arbeit geht es um den Geschichts- und Denkmalstreit in Kärnten. Bei der Installation schwimmen mehrere Sockel und Plattformen auf dem Wasser des Lendkanals. Sie sind stilisierte Modelle von Denkmälern, die einen Beitrag für die Diskussion über Materialität und/oder Immaterialität reflektieren. Dabei soll Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und anhand von Denkmälern miteinander statt gegeneinander in Beziehung gesetzt werden. Denkmäler wurden in Kärnten zerstört, neu errichtet, boykottiert und gefordert. Für eine entsprechende Debatte gibt es laut Andraschek und Lobnig bisher keine adäquaten Methoden der Aufarbeitung und in weiterer Folge keine Lernprozesse.

Die gesamte Installation fungiert somit als Ort, an dem über das Thema Erinnerungen und Geschichte reflektiert werden kann und als lebendiger öffentlicher Raum, in dem sich Menschen aufhalten und begegnen. Erinnerungsaufarbeitung und -kultur ist ein Prozess, der nicht aufhört, auch wenn das Kunstwerk nicht mehr sichtbar sein wird. Für eine entsprechende Debatte gibt es laut Andraschek und Lobnig bisher zu wenig adäquate Methoden der Aufarbeitung und in weiterer Folge noch zu wenig Lernprozesse. Dieses Schwerpunktjahr ist sicher eine Chance. 

 

Foto: Johannes Puch

 

Iris Andraschek und Hubert Lobnig

leben und arbeiten in Wien und in der Nähe von Horn. Andraschek setzt sich in ihren Projekten mit Fotografie, Zeichnungen, Objekten und Skulpturen, aber auch mit Kunst im öffentlichen Raum auseinander. Lobnig, Professor an der Kunstuniversität Linz, ist in Völkermarkt geboren und fühlt sich nach wie vor mit seiner Heimat in Kärnten verbunden. Die Schwerpunkte seiner künstlerischen Arbeit liegen in den Bereichen Malerei, Zeichnung, Video, Fotografie sowie kontext- und ortsbezogene Projekte und Installationen im öffentlichen Raum. Letzteres realisieren sie häufig gemeinsam.

www.irisandraschek.com
www.hubertlobnig.com

 

Foto: Johannes Puch

 

Yegor Zabelov

Zabelov ist ein innovativer und origineller Akkordeonvirtuose aus Weißrussland. Er mischt in seiner Musik experimentelle Ansätze mit Elementen aus Jazz, Rock und Neo-Klassik. Dabei entstehen wundersame und mystische Klänge. In seinen Händen wird das Akkordeon zum Werkzeug für besondere Erlebnisse und seine Auftritte zu einem musikalischen Ritual.

Yegor Zabelov im Web

 

 

[1] s. Calvino, Italo (2013): Die unsichtbaren Städte. Frankfurt am Main: Fischer, S. 18.